Über die Arbeit und den Künstler
„Der Bildhauer und Grafiker greift in seinem Werk existentielle Themen des Menschseins auf und hält diese in Skulpturen aus Eisen fest. Die Zerstörung unserer Umwelt, und damit zugleich der Grundlage allen Lebens, macht ihm Sorgen.
Durch die Lektüre von Dantes Göttlicher Komödie und Goethes Faust kam Seidel zu einer Auseinandersetzung mit Fragestellungen wie Vergänglichkeit und Tod.
Der Werkstoff Eisen greift mit seiner rostigen, teilweise rauen Oberfläche das vergängliche, morbide seiner Sujets äußerlich auf.
In Seidels Werken unterstreicht der Rost – als deutliches Anzeichen der Endlichkeit selbst eines so robusten Materials wie Eisen – noch zusätzlich die Idee der Vergänglichkeit, die sich als Grundthema durch alle Arbeiten Seidels hindurchzieht. Auch die Symbolik, die Seidel einsetzt, stellt uns dieses Sujet immer wieder unübersehbar vor Augen. Der Bildhauer verwendet sehr oft menschliche Skelette. Häufig bedient er sich des menschlichen Schädels. Damit greift der Künstler auf eines der ältesten und verbreitetsten Motive für Tod und Vergänglichkeit in der Kunst- und Kulturgeschichte der Menschheit zurück, zu dem häufig auch ein mahnender Aspekt im Sinne des Memento Mori gehört.“ (Thekla-Christine Kock, anlässlich der Ausstellung „Im Fluss“ im Eisenkunstgussmuseum Büdelsdorf, 2021)
Endlichkeit, Vergänglichkeit, Tod – auch in der Kirche St. Nikolai in Altenstadt werden diese Themen in seinen Arbeiten vergegenständlicht. Im Inneren der Kirche war es eine Bronzeplatte (…), die den Impetus für seine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Kirchenraum gab. Die Beschäftigung mit Kriegen und dem einhergehenden Leid bildet thematisch einen Hauptteil der künstlerischen Arbeit Seidels der letzten Jahre – für ihn zugleich ein Verstehenwollen, eine Trauerarbeit.
Die Eisengussarbeit, rostig rotbraun, durch eine Patina partiell geschwärzt, steht im Zentrum seiner raumbezogenen Arbeit in der Altenstädter Kirche. Eine lebensgroße Figur, die Beine gekreuzt, der Oberkörper dem Boden entgegen kauernd, kopfüber, als sei sie gestürzt, haltlos, hilflos – der Schmerz wird deutlich.
Eine übergroße Druckgrafik an der Wand der Kirche nimmt Bezug auf die Skulptur und auf Feldpostbriefe eines 18-jährigen deutschen Soldaten, der von Beginn des 1. Weltkrieges bis Mitte August 1916 mehr als 140 Feldpostbriefe an seine Eltern schrieb. Einige dieser Briefe hat Seidel ausgewählt und Textpassagen erstellt, die fragmentarisch die Gedanken des jungen Mannes abbilden, seine Hoffnungen und sich so verbinden mit den vielen Opfern der Kriege.
Erik Seidel (*1966 in Rodewisch) ist bekannt für seine bildhauerischen Arbeiten aus Eisen und Bronze und seine Holzschnitte.
In einem Statement zu seiner Arbeit heißt es: „In meinen Arbeiten beschäftige ich mich mit dem Menschen, dem Hüter des Seins, dem Lenker, in seiner vollkommenen, noch nie erreichten Entfaltung. Es ist ein Wehklagen, wie das ‚Dresdner Requiem‘, das ‚Elias‘ Oratorium, das ‚Verleih uns Frieden‘.“
Nach Studien der Kunsterziehung in Auerbach/V und Magdeburg folgten das Studium an der Hochschule für Bildende Kunst in Dresden bei Prof. D. Nitzsche sowie eine Lehre zum Steinmetz- und Steinbildhauer in Plauen.
Von 2006 – 2009 war er im Rahmen seiner Mitarbeit am Projekt MUSE bei der Yehudi Menuhin Stiftung Deutschland sowie von 2007 – 2015 als Dozent an der Oxford Summer School, Fachbereich Holzschnitt und Lithografie, tätig.
Seidel war in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten. Seine Arbeiten befinden sich zudem in öffentlichen und privaten Sammlungen.
Seit 2019 lebt und arbeitet er in Leipzig.
Mehr über den Künstler findet sich auf seiner Internetseite.